Strandsegeln: die Kraft des Windes auf 3 Rädern erleben. Adrenalin pur und manchmal Schlickgefahr!
Segeln ist meine Leidenschaft. Schon lange bin ich auf dem Wasser mit meinem Holzpiraten unterwegs, doch seit 2021 bin ich Strandsegler Pilot. Meine Erlebnisse und Gedanken dazu halte ich in diesem Blog fest. Ein zweites (viel schnelleres) Seglerleben hat für mich begonnen… 🙂
Du willst auch mal Strandsegeln? Hier kannst Du einen Schnupperkurs machen wie ich und viele andere Touristen. Es ist ganz leicht. Dann machte ich Ernst und habe den Grundkurs gemacht und später den Pilotenschein. Schnell folgte die erste Regatta und seit dem bin ich dabei 🙂
Im Logbuch sind alle Blogbeiträge verlinkt, oder siehe hier alle Videos im Überblick. Der Blog geht unten weiter.
Kleine Schubkarrenreifen für Mini Yachten, rechts ein Klasse 5 Wagen
Kitebuggy Piloten habe es einfach. Mit ihren breiten Reifen rollen sie quasi über alles hinweg, auch weicher Sand ist kein Problem.
Die breiten Reifen der Kitebuggys sind bis zu 28cm breit
Beim Strandsegeln fährt man nicht einfach so vor sich hin! Es gibt Hindernisse (Priele, Bodenlöcher, Ebbeseen, usw.) die es zu meiden und umfahren gilt. Hierbei muss man immer sehr vorausschauend fahren und den Strand permanent lesen.
Im Garten an der Schubkarre, bei uns am Strand bis 80 km/h (10cm Breite)
Das Lesen wird schwieriger, wenn man mit hohem Tempo segelt und nicht immer gelingt einem das gut. So kommt man immer wieder mal in weichen Sand oder fährt durch Schlick. Das passiert auch deshalb, weil man bei einer Länge von gut einem Kilometer und manchmal 100m Breite nicht alle Flächen und deren Beschaffenheit im Auge haben kann. Manches entpuppt sich erst beim Darüberfahren.
Hohe PrielkanteSo ein Kante geht nicht für StrandseglerBodenlöcherNoch mehr BodenlöcherViele BodenlöcherHier kann man nicht durchsegelnHohe SandbankVorsicht Rampe!Sehr weicher Sand auf SandbankFalle weicher SandLinks weichr Sandbank, rechts harter SandRiffelsandRiffelsand mit Pfahlbau in St.Peter-Ording
Auf dem ersten Blick ist der Stand bei Ebbe oft unglaublich breit, die Sandbänke laden ein, doch Vorsicht, die haben ja immer ein Ende und ein tiefer(?) Priel oder ein Ebbesee macht eine Sackgasse beim Segeln.
Neben dem Blick in die Ferne muss aber gerade auch auf die Sandbeschaffenheit als solches permanent geachtet werden. Wir Strandsegler (mit schmalen Schubkarrenreifen) wünschen uns harten, glatten Sand, denn dort rollt es sich leicht und somit schnell. Riffelsand an sich ist auch noch gut befahrbar, aber nass gibt es erste Abstriche.
Grundsätzlich sind die Sandbänke zum Wasser hin meist gut befahrbar, Richtung Land fängt aber das Lotteriespiel an. Dort lauert weicherer Sand, kleine Pfützen oder Seen mit Tiefen die nicht immer passierbar sind oder stark die Fahrt abbremsen. In jene Richtung kann dann eine breite Sandbank auch ganz schmal zum Segeln werden, wenn der Sand dort frisch aufgespült und somit sehr weich ist. Die Räder des Strandseglers sinken dann tief ein, haben großen Widerstand, das geht schnell bis hin zum Stillstand. Dann heißt es aussteigen zur Not, eine blöde Falle bei Regatten!
Man scannt also permanent die Beschaffenheit des Strandes vor einem ab, was mit zunehmender Geschwindigkeit schwieriger wird. Auch die Lichtverhältnisse spielen eine große Rolle. Bei Sonnenschein ist alles meist klar zu erkennen (Ausnahme: gegen das Sonnenlicht ist Schlick nicht zu erkennen in Riffelsand). Im Frühjahr und Herbst ist es aber auch oft grau in grau und somit kontrastlos. Bei hohem Tempo werden Prielkanten zudem zum Risiko für das Material und Mensch. Eine Prielkante runterfahren ist meist unkritisch, aber gegen die Kante sieht es anders aus!
Bodenlöcher sind ebenfalls sehr unbeliebt und für böse Überraschungen gut. Hier in dem Video fuhr ich einen zu weiten Bogen bei hohem Tempo und wurde böse überrascht mit einem Kreisel (Video an die Stelle verlinkt). Die Löcher hatte ich zuvor gar nicht gesehen.
Bei hohem Tempo (z.B. 50+ km/h) alles rechtzeitig aus unserer niedrigen Sitz-/Liegehöhe zu erkennen, kann schon eine Herausforderung sein, aber bei sehr schwachen Wind gibt es noch andere Schwierigkeiten. Gerade wenn der segelbare Streifen an der Saumkante schmal wird, wird es zu einem Drahtseilakt den Strandsegler am Laufen zu halten. Richtung Land erscheint es einem als ob man einen Berg hochfährt und Fahrt verliert – klingt seltsam, ist es aber. Umgekehrt gewinnst Du Fahrt aber das Wasser setzt die Grenze. Kommt dann noch weicher Sand ins Spiel wird es ungemein kniffelig den Segler überhaupt in Fahrt zu halten.
Schlick ist eine weitere, unangenehme Geschichte für sich. Neben offensichtlichen Feldern fängt er meist unscheinbar in kleinen Riffelsandflächen an und ist fast nicht zu erkennen, insbesondere bei nassen Riffeln. Abgesehen davon, dass man eingesaut wird und das Reinigen der Kleidung und des Segelwagen echt mühsam ist, geht es aber meist glimpflich ab. Der Geschmack ist jedoch furchtbar. Sand zwischen den Zähnen ist normal, aber Schlick, bäh!
Trockener Schlick im RiffensandFeuchter Schlick im RiffensandMehr Schlick, hier wird es dreckig!Da willst Du nicht durchsegelnGegen die Sonne nicht zu erkennenSchlickfeldHier willst Du nicht durchlaufen
Mein schlimmstes Erlebnis bis dato war bei hohem Tempo um 50 km/h von einer Böe Richtung Wasserkante gedrückt zu werden und eine volle Packung abzubekommen (siehe Foto unten). Ich konnte gar nichts mehr sehen, die Skibrille war schwarz und ich wusste, drei Meter parallel neben mir ist ein Mitsegler. Also Spur halten, blind weiterfahren und freiwischen. Da die Handschuhe ebenfalls voll Schlick waren passierte nicht viel auf meiner Skibrille. Das waren viele blinde Meter – sehr unangenehm! Nach einer gefühlten Ewigkeit hatte ich einen Minischlitz von ca. 1cm und fuhr das Rennen irgendwie zu Ende. Das muss ich nicht noch einmal haben.
Einmal die volle Schlickpackung – die Skibrille war komplett zu!
Das Lesen des Strandes wächst mit der Erfahrung, aber auch alte Hasen sind nicht gefeit davor in Fallen zu tappen. Der Strand verändert sich permanent. Jedes Mal wenn wir unterwegs sind, ist er anders und will neu entdeckt werden. Das macht u.a. den Reiz des Strandsegeln in St.Peter-Ording aus 🙂
Die Regatten waren von viel Schlick und Schwachwind geprägt dieses Jahr. So sehr, dass ich über ein weiteres, größeres Segel nachdenke. Highlights waren mein neuer Speed Rekord über 75 km/h (Video hier) und das ich mir einen eigenen Strandsegelwagen gekauft habe (Taufe siehe hier).
In Summe habe ich 271 km auf dem Strand unter Segel zurückgelegt, immerhin etwas mehr als die 239 km im Jahr zuvor.
Leider konnte ich an den German Open nicht teilnehmen, aber alles in allem, war das eine aufregende Saison für mich mit viel Freude und Erkenntnisgewinn mit dem neuen Wagen. Ich bin gespannt auf 2025.
Bis zur ersten Regatta Ende März 2025 ist der Winter leider noch lang 🙁
Die neuen Regattatermin für das nächste Jahr sind raus.
Für Sankt Peter-Ording sind folgende Termine festgelegt worden. Die Europameisterschaft der Mini Segelyachten findet in Deutschland, St.Peter-Ording statt.
Für Rømø gibt es folgende Regattatermine zu vermerken.
Ich habe beide Übersichten auf den Wetterseiten SPO und Rømø hinterlegt.
Ich segel seit meiner Jugend. Schon früh lernte ich die Windstärken gut einzuschätzen anhand eigener Beobachtungen, in Windstärken bzw. Beaufort. Ich weiß wann es zuviel für das Segeln auf dem Wasser wird, kenne die Gefahren z.B. durch eigene Kenterungen, aber auch was große Segelyachten so abkönnen bzw. die Crew. Die Sicherheit und Verantwortung steht an vorderster Stelle für mich selbst und andere.
Die Strandsegler leben in Knoten!
Damit kam ich anfangs gar nicht zurecht. Auch heute kann ich die Knotenbereiche den Windstärken nur ungefähr zuordnen. Ich benötige diese Übersetzungstabelle unten. Angaben in m/s oder Km/h sagen meiner inneren Uhr gar nichts.
4-6 Windstärken sind ideal zum Strandsegeln
Über die letzten drei Jahre hat sich das geändert. Bei den Miniyacht 5.60 Segelwagen hat man mindestens drei Segelgrößen zur Auswahl. Nur Windsurfer, Kitesurfer und Kitebuggyfahrer haben meistens noch mehr Segelgrößen im Einsatz.
Das Surfen hatte ich einmal angefangen, stieg aber um ins Segelboot. Ich empfand die Surfer oft bemitleidenswert. Man hatte den Eindruck das sie meist unglücklich waren. Irgendetwas passte nie. Entweder war der Wind nicht richtig, das falsche Segel dabei, oder das Surfboard zu klein oder zu groß. Die Ironie: nun habe ich auch mehrere Segel wie sie 😉
Nachdem ich meine Wetter Apps auf Knoten umgestellt hatte und nun weiß welches Segel angesagt ist, hat sich mein innerer Kompass zwar nicht umgeschrieben, aber ergänzt 🙂
Kalt und grau in grau mit nur 6 Grad Luft- und Wassertemperatur, so empfing uns Anfang November 2024 die letzte Strandsegelregatta der Saison in Sankt Peter-Ording: der SAU Pokal vom YCSPO.
Diese „Saison Abschluss & Umlauf“ Regatta ist eine Spaßveranstaltung. Unten das Video vorab.
Die kleine Katastrophe des Tages: ich hatte leider vergessen die Speicherkarte der GoPro zu löschen und vor dem ersten Rennen war sie voll, aargh! Ein Löschen vor Ort am winzigen Display ohne Lesebrille war mir nicht möglich. Tja, ich werde wohl alt 😉 🙂 😀
Vielen Dank daher an Waldemar, einer unser Standart Segler, der mir seine WhatsApp Videos freundlicherweise zur Verfügung stellte.
Zwei Piloten teilen sich einen Strandsegler und mussten während des 15 Minuten Rennens mindestens 1x wechseln nach 8 Minuten.
Das klingt nach einer recht kurzen Fahrt, aber nachdem uns Olaf, unser Rennleiter, durch den „Priel des Todes“ (einen tieferen hatte ich noch nie) geschickt hatte, gefrierten meine Finger unweigerlich in den nassen Handschuhen. Lange hält man das nicht durch, gut das man Piloten wechselt. Der Schmerz in den Fingern wich irgendwann einem starken Pochen als das Blut wieder zirkulierte.
Die Durchfahrt des Priels bei 6 Grad Lufttemperatur und 6 Grad Wassertemperatur bei gut 40 km/h Tempo kann man etwa so beschreiben: ein Wasserstrahl der Feuerwehr ist wohl angenehmer!