Meist stehen bei der Mini Yacht 5.60 etwa drei Segel zur Auswahl: ca. 5,5m², 4,5m² und 3,5m².
Es gibt Segeltage da fällt mir die Wahl leicht, und dann gibt es die Tage da tue ich mich echt schwer, wenn es Wind in Übergangsbereichen gibt, oder wenn sehr böiger Wind ist.
Ich frage gerne mehrere Segler nach Ihrer Wahl und Tipps von Altmeistern nehme ich auch gerne an. Ein leichter, jugendlicher Mitsegler wäre aber ein schlechter Maßstab für mich, darauf muss ich achten – ich wiege keine 60kg mehr 😉
Erschwert wird die Wahl darüberhinaus beim Strandsegeln da „viel hilft viel“ eben nicht unbedingt gilt! So mag bei leichten bis mittleren Wind ein größeres Segel als erste Wahl erscheinen, aber eine große Segelfläche bremst auch und kann bauchiger sein. Das kann schlecht für die Topspeed sein, so meine Beobachtung. Oft habe ich festgestellt, dass ein kleineres Segel auch die bessere Wahl sein kann. Es ist also gar nicht so einfach sich zu entscheiden.
Ich habe mir nun folgende Tabelle als Hilfe erstellt und auf meiner Wetterseite von SPO eingefügt. Sie ist ein erster Entwurf und muss sich in der Praxis noch bewähren.
Sie liest sich von links:
Beispiel: bei einem Wind von 13 Knoten mit möglichen Böen von 14 bis 21 Knoten (bis Faktor ~1,6) würde ich zum 5,5m² Segel greifen. Ab 15 Knoten würde ich das 4,6er aufziehen.
So meine Theorie – aktuell
Vorsicht:
diese Tabelle ist auf mich persönlich zugeschnitten. Anderen Seglern mit anderen Körpergewicht und Segelgrößen mag dieses ggf. nicht helfen, aber vielleicht eine Anregung sein sich eine eigene zu erstellen.
Wie bin zu dieser Tabelle gekommen?
Ich habe hier im Blog mir Notizen gemacht bei welchen Windverhältnissen ich gesegelt bin. Zusätzlich habe ich die Segelgröße vermerkt und wie schnell ich war. Diese habe ich eingetragen und mein angedachtes Raster der Segelgrößen darübergelegt.
Oben die Segelgöße, unten dazu die maximal erzielte Geschwindigkeit.
Es sind noch recht wenige Datenpunkte, aber ich kann mir schon die ersten Erkenntnisse daraus ziehen.
Vier Felder fallen besonders auf. Dort sind 2x Segelwechsel vermerkt und zweimal war eventuell das Segel zu klein gewählt worden von mir, man kann das aber auch umgekehrt sehen!
Ferner ist der Bereich unter 10 Knoten meine persönliche „Todeszone“.
Einmal musste ich erleben wie bei solch einem Tag acht von zehn Mitseglern damit leben konnten, ich aber leider nicht 🙁
Ich musste dutzendfach immer wieder aussteigen und anschieben. Es hat nicht sollen sein! Seit dem weiß ich, dass ich mindestens 10 Knoten Wind benötige. Ein größeres 6,5m² Segel ist in meinen Augen keine Option. Zu schmal ist der Einsatzbereich (bis 12 Kn vielleicht) und zu selten kommt das vor, da lass ich es lieber bleiben.
Nachdem ich die Tabelle aufgestellt hatte, wurde mir deutlich, wie selten ich ein 3,5m² Starkwindsegel benötigt hatte. Die Gretchenfrage war meistens: 4,5m² oder 5,5m²?
Das Windratio lag bei meinen Aufzeichnungen zwischen 1,1 bis max. 1,6. Das heißt die Windböen waren maximal das 1,6 fache der Mindestwindstärke. So sind oben die möglichen Kästchen angelegt.
Ich habe mir vorgenommen tendenziell mit etwas mehr Segelfläche zu starten am Anfang. Sollte ich draussen auf der Sandbank feststellen, dass ich zu viele (Auf-)Steiger habe (ein sich anhebendes Rad in Böen), wird das Segeln sehr mühsam und ich würde auf ein kleineres Segel wechseln. Die kleinere Segelfläche hat auch weniger Druck und lässt sich leichter dichter nehmen.
Überhaupt hat es mich im nachhinein überrascht, das Segeln bei viel Wind im kleinen 3,5er Segel viel angenehmer ist als bei wenig Wind mit dem 5,5er. Man sollte meinen der deutliche stärkere Wind würde einem viel Druck ins Segel bringen und viel Kraft an der Schot abverlangen. Es ist umgekehrt: das 5,5er war für mich kräftezerrender zu fahren – interessante Erfahrung. Oder irre ich mich? Mal darauf achten.
Aus der Häufigkeit meiner Eintragungen könnte ich schon eine erste Verteilung der Segelnutzung ableiten. Zum Spaß habe ich aber mal geschaut, was Windmesswerte vom DWD einem hier an die Hand geben können – für Laien-Statistiker 🙂
Leider gibt es keine Daten für Sankt Peter-Ording. Daher habe ich mir Mittelwerte aus Daten von List auf Sylt und Norderney gebildet für mein geplantes Segel Setup.
Ergebnis vorweg:
an 30% aller Tage im Jahr kann ich gar nicht strandsegeln gehen. Der Wind ist entweder an 26% aller Tage zu schwach (<10kn) oder an 4% der Tage zu stark zum Segeln (>28+ kn Windgeschwindigkeit). An den 70% aller Tage an denen ich mit dem Strandsegler segeln kann dürften mit dieser Wahrscheinlichkeit folgende Segel zum Einsatz kommen:
- 50% das 5,5m² Segel
- 25% das 4,6m² Segel
- 25% das 3,5m² Segel
Die lange Messreihen vom DWD umfassen gut 50 Jahre Daten (Downloads hier, Station auswählen, Zeitraum: Tageswert, Auflösung: historisch). Über 19.000 Datensätze habe ich so je Station in die Auswertung mit einbezogen. Folgende Windstärkenverteilungen kann man dann sehen:
Grundlage sind die Tagesmittel der Windgeschwindigkeit m/s als arithm.Mittel aus mind. 21 Stundenwerten vom 1.1.1969 bis zum 31.12.2021.
Wende ich nun meine Segelauswahltabelle von oben auf diese Messreihen an, erhalte ich unterschiedliche Häufigkeiten bzw. Wahrscheinlichkeiten wie oft ich welches Segel nutzen könnte.
Meine Annahme:
ich denke Cuxhaven liegt bei vorherschend westlichen Winden etwas zu sehr in Landabdeckung und daher mittle ich für St.Peter-Ording die Werte von Norderney und Sylt. Dies ergibt folgendes Bild:
Regel 1: 70/30 Chance für Segelwetter
Ich rechne also mit zu wenig Wind an ca. 26% aller Tage plus zuviel Wind an ca.4% der Tage, d.h. segelbarer Wind gibt es an etwa 70% aller Tage im Jahr.
Regel 2: 50 – 25 – 25 für die Segelwahl (groß, mittel, klein)
Wenn also gesegelt werden kann, entfallen für mich (dicker Daumenwert) ca.
- 50% auf das 5,5m² Segel
- 25% auf das 4,5m² Segel
- 25% für das 3,5m² Segel
Soweit mein kleiner Exkurs und meine Annahmen. Mal sehen wie das alles passen wird. Ich bin gespannt. Meine Segelwahltabelle ist natürlich blanke Theorie. Ich hoffe aber meine Entscheidungen fallen mir nun zukünftig etwas leichter.
Schaun wir mal wie es sich ausgeht… 🙂
2 Antworten auf „Wann welches Segel?“
Könnte es sein, Malte, dass Du mir den Spitznamen „Graf Zahl“ streitig machen willst? Egal, ich finde Deine Gedanken ganz interessant. Ergänzen könnte man die Segelgrößenüberlegungen vielleicht noch um den Strandzustand und den zu segelnden Kurs. Denn sowohl die Frage, wie hart oder weich der Sand ist, als auch die Lage des Kurses, also ob nur halbwinds hin und her zu segeln ist oder Kreuzen und Halsen angesagt ist, haben ja einen gewissen Einfluss auf die Segelwahl. Es sei denn, man hat ein großes „S“ im Segel, dann stimmt die Größe halt immer… In dem Sinne, viele Grüße von S711!
Moin Kay-Enno!
also „Graf Zahl“ bin ich, wie Du, qua Beruf schon 🙂
Guter Hinweis zum abgesteckten Segelkurs. Bei hohem Kreuzen Anteil, also vielen Wenden, ist man eher langsamer unterwegs. Da ist vielleicht ein größeres Segel besser, viel Fläche zum Anschubbeschleunigen. Bei Halbwind-Rennstrecken dann eher ein kleineres Segel wegen der höheren Geschwindigkeit zum Vergleich? Könnte so sein.
Tja, die Mini Yacht wird ja gerne mal von größeren Segelklassen belächelt. Bezüglich all dieser Überlegungen zur Segelwahl ist der Mini jedoch viel anspruchsvoller im Vergleich zu Deinem einfachen Standart Wagen 😉